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  • AutorenbildMaja Graf

Suzume: Ein farbenfroher Roadtrip zur Trauerbewältigung.

Gleich zu Beginn gebe ich zu: Anime ist üblicherweise nicht mein Genre. Ich kann nicht viel mit den teils übersättigten Bildern anfangen und die oft überdrehte Art der Figuren bereitet mir eher Kopfschmerzen, als dass ich mich emotional ergriffen fühlen würde. Fand ich „Suzume“ dennoch sehenswert? Absolut.


Obwohl beide Kritikpunkte - Übersättigung und Überdrehtheit - zweifelsohne auch hier zutreffen, ist der Film tiefgründiger und lehrreicher, als ich es zunächst erwartet hätte. Viele Filmkritiker lesen aus ihm einen Kommentar zum Tokohu-Erdbeben 2011 heraus, doch leider muss ich an dieser Stelle passen: Ich habe nur wenig Ahnung von japanischer Geschichte und war zur damaligen Zeit gerade einmal in der Grundschule. Mir zuzumuten, mich darüber zu äußern, kommt mir daher eher unangebracht vor.

Stattdessen möchte ich mich ganz dem Aspekt der Trauerbewältigung widmen - einem Thema, welches früher oder später jeden von uns tangieren wird.

Was tun wir, wenn ein geliebter Mensch uns verlässt? Wie sollen wir weiterleben?


In Suzumes Fall handelte es sich dabei um den frühen Verlust ihrer Mutter, der sie im Alter von gerade einmal vier Jahren als Waisenkind zurückließ. Nun ist sie 17, ein Alter, in dem die Identitätssuche in vollem Gange ist und Fragen zur eigenen Person immer präsenter werden. Wer sind wir, wo kommen wir her, wo gehen wir hin?

Dem wird sie nun auf den Grund gehen - mit ihrer ersten großen Liebe an ihrer Seite.


Dabei werden erst alte Wunden aufgerissen, um sie dann (hoffentlich langfristig) wieder zu verschließen. Für mich hat das etwas tiefgreifend Menschliches an sich: Auch in einer Welt, die sich immer schneller dreht und stets Hochleistung verlangt, dürfen wir uns die Zeit nehmen, uns unseren Emotionen zu widmen und zu trauern. Schmerz hat kein Verfallsdatum und alte Wunden können auch noch Jahre später wieder aufbrechen - und das ist in Ordnung. Es gehört schlichtweg zum Leben dazu.


Dieser höchst emotionale Kern der Geschichte mag auf den ersten Blick nicht zu den farbenfrohen Bildern passen, doch in diesem Fall war dies genau die richtige Wahl. Die lebhaften Animationen sind in ihrer Umsetzung ein wahres Meisterwerk und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie düster und erdrückend die zwei Stunden als Realfilm geworden wären.


Auch die Entscheidung, Suzume auf ihrer Reise einen dreibeinigen Stuhl zur Seite zu stellen, kann ich - wenn auch auf den ersten Blick eher fragwürdig - befürworten. Der Regisseur Makoto Shinkai sagt selbst, dass sein Ziel damit gewesen sei, einerseits die Stimmung aufzulockern und andererseits eine Metapher zur Seele der Protagonistin zu schaffen und dies gelingt ihm meiner Meinung nach auch.


Alles in allem habe ich die Zeit im Kino wirklich genossen - auch wenn ich bei der ein oder anderen Szene, die dann doch ein wenig überspitzt war, das Gesicht verziehen musste. Eine klare Empfehlung.


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